Münster,

Verlagerte Standortausbildung in Münster

Münster, 24. September 2023. „Am 22. September 2023 kam es um 12.34 Uhr in der Stadt Münster zu einem Erdbeben. Der Stadtteil Handorf ist besonders in Mitleidenschaft gezogen worden. Es sind viele Gebäude betroffen und es ist eine noch unbestimmte Zahl verletzter Personen zu vermuten.“ So lautete das Szenario für eine Übung des Technischen Hilfswerks (THW) Ratingen in Münster. Fiktiv wurde daher ein Technischer Zug aus Zugtrupp, Bergungsgruppe sowie mit den Fachgruppen Schwere Bergung, Notversorgung und Notinstandsetzung sowie Wasserschaden/Pumpen über die Regionalstelle alarmiert, um für die Übung in das „Katastrophengebiet“ aufzubrechen. Insgesamt blickten die über vierzig Ehrenamtlichen am Sonntagnachmittag auf ein abwechslungsreiches Wochenende zurück. Alle Szenarien waren so gewählt, dass sowohl Fachausbildung, als auch Zusammenarbeit zwischen den Gruppen trainiert werden konnten.
Eine verletzte Person wird auf der Bergeschleppe eingebunden, sodass diese durch den Tunnel gerettet werden kann. (Foto: THW / Daniel Claus)

Eine verletzte Person wird auf der Bergeschleppe eingebunden, sodass diese durch den Tunnel gerettet werden kann. (Foto: THW / Daniel Claus)

Im Szenario erhielt der Zugtrupp den Auftrag, bereits am Freitag für eine „Erkundung“ aufzubrechen. Dahinter steckten natürlich die notwendigen Vorbereitungen für die Übung. Mit Unterstützung des Stabes des Ortsverbandes wurden die einzelnen Szenarien am Freitagabend vorbereitet. Die Übungssteuerung für den Samstag wurde durch den Zugtrupp übernommen, der damit einhergehend weite Teile der Aufgaben einer Einsatzabschnittsleitung trainieren konnte.

 

Am Samstagmorgen sammelten sich die weiteren Kräfte im Ortsverband, sodass um kurz nach 7 Uhr bei einer kleinen Stärkung die Übungseinweisung durch das Personal des eingerichteten Meldekopfes erfolgen konnte. In kurzer Folge verließen die Teileinheiten den Ortsverband und verlegten nach Münster, wo diese gestaffelt bis 9.30 Uhr eintrafen.

 

Nach einer kurzen Lageeinweisung durch den Zugführer erhielten alle Teileinheiten den Auftrag, das zugewiesene Schadensgebiet zu erkunden. In einem Einsatz würde das natürlich nicht mehrfach geschehen. In diesem Fall bot diese Aufgabe für alle Ehrenamtlichen die Gelegenheit, sich mit dem Gelände und den Gefahren an der Einsatzstelle vertraut zu machen.

 

Eine Herausforderung für die Übenden ergab sich aus dem im Szenario sogenannten Lacknerbach. Dieser führte viel Wasser und der Deich war durch das Erdbeben beschädigt worden. Wasser drang durch den Deich und drohte ohne Gegenmaßnahmen ein Bruch. Der Zugang war landseitig allerdings durch ein weiteres Gewässer versperrt. Somit erhielt die Bergungsgruppe den Auftrag einen Weg zu schaffen. Mittels des Einsatz-Gerüst-Systems wurde ein freitragender Steg errichtet. Um das Wasser für das notwendige Gegengewicht heranzuführen, wurde die Fachgruppe Wasserschaden/Pumpen eingebunden.

 

Die Fachgruppe Schwere Bergung erhielt den Auftrag, eine vermisste Person aus einem Gebäude zu retten. Bei der Detailerkundung fanden die Ehrenamtlichen allerdings als erstes eine weitere Person auf einem erhöhten Teil des Gebäudes. Diese wurde kurzerhand per Schleifkorb lotrecht abgelassen. Den Zugang zur ursprünglich zunächst vermissten Person konnten die Kräfte nur mit viel Aufwand schaffen, denn dazu ging es durch einen Tunnel, der mittels dreier Hindernisse versperrt war. Dabei kamen Säge, Hydraulische Schere und Abbruchhammer zum Einsatz. Die Person wurde im Anschluss mittels Bergeschleppe durch den Tunnel befreit. Beide Personen wurden an einer Patientensammelstelle an den fiktiven Rettungsdienst übergeben.

 

Noch während die Arbeiten zur Rettung der Personen liefen, machten sich Jugendliche lautstark auf einem weiteren Teil der Trümmerstruktur bemerkbar. Somit wurde eine weitere Erkundung vorgenommen, um die Jugendlichen zügig retten zu können. Das nächste Hindernis war ein gefluteter Bereich in einem weiteren, sich an den bestehenden Rettungsweg anschließenden Tunnel.

 

Hier kam erneut die Fachgruppe Wasserschaden/Pumpen zum Einsatz, welche mittels Tauchpumpe das Wasser heraus beförderte. Mit Abschluss der Pumparbeiten wurde auf einmal ein lautes Zischen wahrgenommen und direkt als ausströmendes Gas eingeordnet. Die Kräfte zogen sich sofort zurück und stimmten sich mit der Einsatzabschnittsleitung ab. Schnell war klar, dass in diesem Fall von dem austretenden Gas keine Gefahr ausging. Somit konnte die Fachgruppe Schwere Bergung erneut die Rettungsarbeiten vornehmen.

 

„Aufbauen einer Verletztensammelstelle sowie der Camp-Infrastruktur für alle an der Übung beteiligten Kräfte nach einer Detailerkundung und Planung der Geländenutzung.“ So lautete der erste Einsatzauftrag für die Fachgruppe Notversorgung und Notinstandsetzung. Begonnen wurde mit der Verletztensammelstelle, an der die fiktiven Verletzten an den Rettungsdienst übergeben werden konnten. Für die Camp-Infrastruktur stand neben der dafür vorgehaltenen Ausstattung der Fachgruppe weiteres Material des Ortsverbandes zur Verfügung. Als erstes wurden die Schlafplätze hergerichtet. In drei Zelten und den vorhandenen Gebäuden wurden entsprechende Feldbetten aufgebaut. Ergänzend wurden die Zelte mit Beleuchtung und mobilen Heizungen versehen. Ebenfalls galt es ein Verpflegungszelt mitsamt Tischen und Bänken und weitere Pavillons als Wetterschutz aufzubauen. Im Anschluss wurden mit dem Lichtmast der Netzersatzanlage und einer weiteren Flächenleuchte neuralgische Punkte ausgeleuchtet.

 

Als Teileinheit, die viel mit Wasser zu tun hat, galt es für die Fachgruppe Wasserschaden/Pumpen die Fähigkeiten im Sandsackverbau zu trainieren. Dafür gibt es auf dem Gelände das sogenannte Flut-U. Hier wird simuliert, wie mittels Sandsäcken Wasser gestoppt werden kann. Im weiteren Übungsverlauf wurden die Kräfte wieder zum Deich am Lacknerbach gerufen. Am praktischen Beispiel wurde durch einen Technischen Berater „Hochwasserschutz und Deichverteidigung“ erläutert, wie mittels Quellkade das durchdringende Wasser gestoppt werden kann.

 

Zwei weitere vermisste Personen galt es für die Bergungsgruppe zu retten. Diese waren in einem kollabierten Haus mit geschichteten Trümmern zu finden. Auch hier war der Zugang nur durch einen mit Holz versperrten Tunnel möglich. Zügig wurde das Hindernis beseitigt und die Rettung aus dem sehr engen Gebäude abgeschlossen. Mit weiterem Vorgehen in die Trümmer wurde festgestellt, dass ein weiterer Zugang in einem Tunnel unterhalb des ersten Tunnels freigelegt werden muss. Der untere Tunnel war jedoch halb geflutet, so dass wieder die Fachgruppe Wasserschaden/Pumpen angefordert werden musste. Mit Abschluss der Pumparbeiten konnten die Kräfte durch den zweiten Tunnel weiter vordringen und die Rettung aus dem sehr engen Gebäude abschließen.

 

Zum Übungsende hin galt es für die Einsatzkräfte der Fachgruppe Schwere Bergung noch einmal die letzten Kräfte zu mobilisieren. Noch im Rückbau der Ausstattung kam die Meldung, dass ein PKW einen Hang hinabgerutscht war und eine Person gerettet werden musste. Zügig wurde dazu notwendiges Material verladen. Vor Ort wurde der PKW gegen Wegrutschen gesichert und die Person gerettet.

 

Um Szenarien zu steuern und den Teileinheiten im Anschluss ein Feedback zu geben, standen mehrere Beobachter aus dem Stab des Ortsverbandes und der Fachgruppe Sprengen an allen Szenarien bereit. Um nicht nur Übungspuppen zu retten, waren drei Jugendliche mit dabei. Die Verpflegung der Einsatzkräfte übernahm die Küchencrew des Ortsverbandes. 

 

Am späten Nachmittag waren alle Aufgaben abgearbeitet und die Übung beendet. Der Zugführer und Übungsleiter Kjell Heinze zog ein positives Fazit: „Die Zusammenarbeit zwischen den Teileinheiten lief hervorragend, sodass alle Aufgaben zielorientiert und zügig gelöst wurden. Ich bin mir dennoch sicher, dass alle Kräfte Erfahrungen und Erkenntnisse gewonnen haben, welche zukünftig in die Ausbildung und Einsätze einfließen. Mein Dank gilt allen Beteiligten für diese erfolgreiche Übung.“

 

Stattgefunden hat die Übung auf dem Übungsplatz Handorf des THW-Landesverbandes NRW. Ebenfalls konnte das angrenzende Außengelände des Instituts der Feuerwehr NRW genutzt werden.

 

Den Abend ließen die Ratinger THW-Kräfte bei Leckerem vom Grill in gemütlicher Runde ausklingen. Nach einer erholsamen Nacht wurde am Sonntagvormittag die Camp-Infrastruktur zurückgebaut und verlastet, sowie das Übungsgelände gereinigt. Die Fachgruppe Notversorgung und Notinstandsetzung nutzte die Chance, um bei allen Fahrzeugen den Treibstoffvorrat aus der mobilen Tankstelle wieder aufzufüllen. Im Anschluss ging es im geschlossenen Verband zurück nach Ratingen, wo für die Ehrenamtlichen am Nachmittag das „Restwochenende“ eingeläutet werden konnte.

 

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